Der Regierungspoker in Zeiten knapper Kassen

Berlin, den 05.05.2023, Autor: Matthias Ilgen

Die Ampelkoalition war als Fortschrittsbündnis gestartet, das einen neuen politischen Stil pflegen wollte. Nach gut eineinhalb Jahren im Amt ist sie für die meisten Beobachter zu einer Alltagsregierung geworden, die durch den permanenten öffentlichen Streit der Partner von sich reden macht – zuletzt im sehr bekannten Stil nächtelanger Dauerverhandlungen im Koalitionsausschuss. Und der mühsam erreichte Kompromiss beim Gebäudeenergiegesetz war schon bei seiner Verabschiedung durch das Kabinett mit neuen Fragezeichen versehen: Mit einer Protokollnotiz des Bundesfinanzministers und FDP-Chefs Christian Lindner, der seine Zustimmung nur „im Bewusstsein anstehender erheblicher Verbesserungen im parlamentarischen Verfahren“ gegeben hatte, war die nächste Kontroverse schon angekündigt.

Warum ist so wenig vom Optimismus des Anfangs geblieben? Warum gehen sich die drei Partner in der Öffentlichkeit oft so harsch an, als würden sie nicht gemeinsam die Bundesregierung tragen, sondern eine Art medialen Dauerwahlkampf führen? Die Antworten sind vielfältig.

Sicher hat der Ukraine-Krieg mit seinen dramatischen Folgen für Wirtschaft und Staatsfinanzen das Koalitionsklima erheblich eingetrübt. Wenn weniger Geld zu verteilen ist, stehen die politischen Projekte der einzelnen Koalitionspartner stärker im Wettbewerb um die Mittel als ohnehin schon. Hinzu kommen unterschiedliche Einschätzungen zum Umgang mit den Staatsfinanzen, mit den schuldenwilligen Teilen von Grünen und SPD auf der einen Seite und der FDP und dem Bundeskanzler als über allem stehender Lordsiegelbewahrer der Schuldenbremse auf der anderen.

Wenn in Zeiten engerer Budgets für wichtige politische Vorhaben Mittel freigemacht werden müssen aber zugleich einerseits Steuererhöhungen durch den Koalitionsvertrag und das Veto der FDP und andererseits Kürzungen sozialer Leistungen durch das Veto der SPD weitestgehend ausgeschlossen sind, bleibt in der Realität des Bundeshaushaltes am Ende nur die Kürzung direkter und indirekter (steuerlicher) Subventionen.

Eine Neuauflage der seinerzeitigen „Koch-Steinbrück Liste“ zur Kürzung „nach dem Rasenmäher-Prinzip“ scheint politisch gegen viele betroffene Interessengruppen schwer durchsetzbar. Es läuft im Zweifel also auf Kürzungen und Streichungen von Zuschüssen oder Privilegien an ganz bestimmten Stellen hinaus, auf die sich entweder alle Koalitionspartner einigen können oder bei der jeder etwas schlucken muss.

Für Unternehmen wird es höchste Zeit, sich auf dieses Spiel einzustellen, das spätestens bei den Beratungen zum Bundeshaushalt auch wieder öffentlich mit aller Härte ausgetragen werden wird. Hier kommt auf den Tisch, was jeweils mit der Sicht einer roten, grünen oder gelben Brille „das Beste“ für Unternehmen und Bürger sein soll. In der Ampel bleibt allerdings die Frage, welches Unternehmen seine argumentativen Trümpfe bei der Partie um Fördermittelverteilung ausspielen kann und ob diese den entscheidenden Stich bringen.

Wenn das Ergebnis nicht zum Glücksspiel werden soll, ist es erforderlich, das Blatt planvoll zu ordnen – also auf Basis einer fundierten Analyse eine politische Strategie entwickeln, um die eigenen Interessen erfolgsversprechend in den politischen Prozess einzubringen. Einerseits gilt es zu verhindern, dass potenzielle Streichungen bei vorhandenen Zuschüssen das eigene Geschäftsmodell negativ beeinflussen. Zum anderen gilt es, insbesondere bei den üppigen Milliardensummen im Klima- und Transformationsfonds dafür zu sorgen, dass das eigene Unternehmen von umgestalteten bzw. neuen Förderprogrammen (weiterhin) profitieren kann.

Wer es klug plant, kann die Karten anders mischen – zumindest aber die richtige Farbe ansagen, um das Maximum aus dem eigenen Blatt herauszuholen. ALP unterstützt Sie gerne mit passenden Stakeholder-Analysen, politischen Strategiekonzepten und engen Kontakten in Parlament und Regierung. Bei Interesse an einem entsprechenden Angebot oder weiteren Fragen zu unseren Leistungen zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren!

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