Quo vadis Energiewende: Durchmarsch der Erneuerbaren oder Renaissance der Fossilen?

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Autor: Matthias Ilgen, 23.07.2025

Zu ihrem Einstand stellte die neue Bundeswirtschaftsministerin für Wirtschaft und Energie, Katherina Reiche (CDU), zunächst das politische Ziel der deutschen Klimaneutralität bis 2045 offen in Frage um dann den Ausbau der Erneuerbaren Energien als „völlig überzogen“ einzuordnen und ein entsprechendes Gutachten in Auftrag zu geben, das einen weitaus niedrigeren künftigen Strombedarf prognostiziert und damit sinkende Handlungsnotwendigkeiten beim Ausbau der Erneuerbaren sowie den Stromnetzen unterstellt. Zudem will Reiche 20 GW Gaskraftwerksleistung neu bauen lassen, die, anders als es bei den Planungen Ihres Vorgängers Robert Habeck (B90/Grüne) noch vorgesehen war, nun nicht mehr auf Wasserstoff als Energieträger umrüstbar sein sollen. Der offene Streit mit dem Koalitionspartner SPD war vorprogrammiert.

In der Tat wird sich die Bundesregierung nach der Sommerpause alsbald entscheiden müssen, wie die Grundlinie ihrer Energiepolitik aussehen soll. Egal ob mit mehr Erneuerbaren Energien samt Speichern oder doch mehr fossilen Ersatzkapazitäten, braucht es Planungssicherheit für die notwendigen Investitionen in Erzeugungskapazitäten, um mittelfristig wieder sinkende Energiepreise zu erreichen, damit das produzierende Gewerbe am Standort Deutschland nicht endgültig seine internationale Wettbewerbsfähigkeit verliert. Die Schaffung eines entsprechenden Marktdesigns, das Reservekapazitäten – egal ob in Form von Stromspeichern oder flexibel zuschaltbaren Gaskraftwerken – wirtschaftlich abbildet, ist unabdingbar. Ein dauerhaftes Heruntersubventionieren der Preise durch Stromsteuerreduktionen und die Übernahme der Netzentgelte aus dem Bundeshaushalt – wie es die Koalition nun derzeit vorbereitet – wird in Zeiten knapper Kassen nicht dauerhaft möglich sein. Auch das Sondervermögen Infrastruktur kann nur einmalig ausgegeben werden.

Entsprechend der unterschiedlichen Präferenzen der Koalitionspartner droht eine harte Auseinandersetzung um die Grundzüge der Energiepolitik ebenso wie um viele einzelne Details des künftigen regulatorischen Rahmens. Für viele Anbieter wird es bei der Ausgestaltung um Grundsatzfragen der wirtschlichen Zukunftsfähigkeit ihrer Geschäftsmodelle gehen. Auch wie konkrete Anreize eines Kapazitätsmechanismus´ ausgestaltet sind (Vorhalteprämien, Speicherbonus, o.ä.) wird konkrete Auswirkungen auf die Investitionsentscheidungen vieler Unternehmen in den kommenden Jahren haben. Politisch wird es auch nicht zuletzt um die Frage gehen, inwieweit sich Deutschland bei seiner künftigen Energieversorgung von ausländischen Rohstoffen (Gas) oder Technologien (Speicher) abhängig macht, beziehungsweise – Stichwort: Resilienz – eine solche Abhängigkeit vermeidet.

Daher ist es für die betroffene Unternehmen und Verbände unerlässlich, die eigenen Anliegen nicht nur vorzutragen, sondern auch mit Blick auf die sehr unterschiedlichen Frontlinien innerhalb der Koalition mit passenden Argumenten zu unterstützen und anschlussfähig zu machen – wenn man nicht zum Verlierer der anstehenden Richtungsentscheidungen werden will. Dabei ist das Politikfeld Energie politisch besonders aufgeladen und besonders komplex: Zum einen, weil Entscheidungen auf diesem Gebiet alle Unternehmen und alle Verbraucherinnen und Verbraucher betreffen, also direkte elektorale Auswirkungen haben. Zum anderen, weil die Pfadabhängigkeiten früherer Entscheidungen und Regulierungen ein dichtes Netz an Fallstricken für neue Ansätze erzeugt haben. Und schließlich nicht zuletzt, weil die Jahrzehnte der politischen Debatte – über Atomkraft, Kohleausstieg und Klima, „Verspargelung“, Nord-Süd- und Ost-West-Unwuchten – teilweise verkrustete Diskussionslinien geschaffen haben, welche die aktuellen Herausforderungen nicht mehr richtig abbilden, aber dennoch die politische Positionierung weiter prägen.

Wer klug plant und rechtzeitig politisch aktiv wird, hat bessere Chancen die eigenen Anliegen durchzusetzen und das Beste für das eigene Geschäftsmodell herauszuholen. ALP unterstützt Sie gerne mit passenden Stakeholder-Analysen, politischen Strategiekonzepten und engen Kontakten zu den Entscheidern in den Fraktionen und Parteien. Bei Interesse an einem entsprechenden Angebot oder weiteren Fragen zu unseren Leistungen, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren!

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