Quo vadis, Bundesrepublik?

Reichstag

Berlin, den 27.09.2021, Autor: Matthias Ilgen

Der Wähler hat gesprochen. Die SPD hat die Bundestagswahl gewonnen. Auch wenn der Abstand laut vorläufigem amtlichen Endergebnis letztlich nur 1,6 Prozentpunkte beträgt, fahren CDU und CSU eine historische Wahlniederlage ein. Sie erhalten mit 24,1% das schlechteste Bundestagswahlergebnis ihrer Geschichte und die SPD wird zum vierten Mal stärkste Fraktion im Deutschen Bundestag. Insbesondere weil es durch die sozialökonomische Struktur der Bundesrepublik für die Sozialdemokraten strukturell schwieriger ist, auf Platz 1 der Wählergunst zu gelangen, ist der Erfolg von Olaf Scholz und der SPD nach insgesamt vier verlorenen Bundestagswahlen und zwölf Jahren eines außergewöhnlich großen Rückstandes auf die Unionsparteien historisch.

Das Parteiensystem verändert sich stark. Theoretisch hätten die ehemaligen Volksparteien auch zusammen noch eine knappe Mehrheit der Bundestagsmandate. Aber die große Koalition ist abgewählt worden. Die Grünen legen deutlich zu, die FDP geringfügig. Die Niederlage der Linkspartei verhindert eine linke Mehrheitsalternative – Deutschland muss künftig wohl von einem lagerübergreifendem Dreierbündnis aus der Mitte heraus regiert werden.

Hierbei liegen die größten politischen Gegensätze vermeintlich zwischen Liberalen und Grünen – an welchen vor vier Jahren auch die Jamaika-Sondierungen scheiterten. Staatliche Mehrausgaben und ordnungspolitische Eingriffe für mehr Klimaschutz beißen sich mit der Idee die Klimaziele ausschließlich über marktwirtschaftliche Instrumente und synthetische Kraftstoffe erreichen zu wollen. Aber auch in der Finanz- und Sozialpolitik liegt insbesondere bei der nun deutlich linkeren grünen Bundestagsfraktion erhebliches Potential für Konflikte, wenn sich ein Jamaika-Bündnis z. B. Maßnahmen des sozialen Ausgleichs verweigern würde. Andersherum hätte die FDP diese Schwierigkeiten in einer Ampelkoalition, da sowohl SPD und Grüne ihren Wählern ein mehr an Sozialpolitik in Aussicht gestellt haben.

Nach 16 Jahren Angela Merkel – und davon 12 Jahre in einer großen Koalition – steht Deutschland vor einem Neuanfang. In jedem Dreierbündnis liegen Potentiale für neue Konflikte aber auch für neue Chancen. Für jedes Unternehmen – egal aus welcher Branche – wird es mit Blick auf die Setzung künftiger Rahmenbedingungen darauf ankommen, die innere Entscheidungslogik der künftigen drei Regierungspartner zu verstehen und die eigenen Interessen geschickt an der richtigen Stelle einzubringen. Es stehen uns spannende Zeiten bevor, die wenn man sie aus politisch intelligent in Angriff nimmt, neue Marktpotenziale für Unternehmen bedeuten können.

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