Wie weiter mit dem Bundeshaushalt? Trotz neuer Milliardenschulden stehen harte Verteilungskämpfe an

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Autor: Matthias Ilgen, 31.07.2025

Die neue schwarz-rote Koalition hatte sich noch während der Sondierungsphase direkt nach der Bundestagswahl auf ein umfangreiches Schleifen der Schuldenbremse durch unbegrenzte Kreditmöglichkeiten für die Verteidigung sowie ein 500 Milliarden umfassendes Sondervermögen für Investitionen geeinigt und dieses im alten Bundestag sowie im Bundesrat zur nötigen 2/3 Mehrheit gebracht, um solch erbitterten Streit wie in der Ampelkoalition künftig zu vermeiden. Wenige Monate und zwei vom Kabinett beschlossene Etatentwürfe für 2025 und 2026 weiter wird deutlich, dass trotz geplanter 850 Mrd. Euro Schulden bis 2029, die verfassungsgemäße Aufstellung der Bundeshaushalte ab 2027 mehr als ungewiss ist – es klafft ein Loch von insgesamt 172 Mrd. Euro.

Damit wird ab 2027 ein jährlicher Konsolidierungsbedarf von jährlich knapp 34 Mrd. erkennbar. Teile davon hat die Koalition durch neue konsumtive Ausgabenprogramme wie den beschlossenen Investitionsbooster und anschließende Unternehmenssteuersenkungen, die Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie, die Erhöhung der Pendlerpauschale sowie die Ausweitung der Mütterrente selbst zu verantworten. Aber selbst, wenn es Kanzler Merz (CDU) und Finanzminister Klingbeil (SPD) gelingen sollte, ihre Kabinettskollegen zu Einsparungen in jedem Fachbereich (mit der Ausnahme des Verteidigungsministeriums) zu bewegen, welche insgesamt die 34 Mrd. pro Jahr zusammenbringen, basiert die Politik der neuen Regierung auf dem Prinzip Hoffnung. Die Bundesregierung gründet ihre Planungen nämlich darauf, dass die Wirtschaft ab 2026 wieder mit ca. 1,5% pro Jahr wächst – nach drei Jahren Rezession. Sollte dies so nicht eintreffen – was durchaus möglich ist, wie die Erwartungen mancher Ökonomen nach dem jüngsten Zoll-Deal der EU mit den USA befürchten – verschärft sich die Lage noch einmal dramatisch.

Schon in den 2026er Etatverhandlungen wird es daher innerhalb und zwischen den Facharbeitskreisen und den Haushältern der Koalitionsfraktionen zu harten Auseinandersetzungen kommen. Verteilungskämpfe sind unvermeidlich. Insbesondere die Lage der Sozialkassen belastet aktuell den Haushalt durch immer weiter steigende Zuschüsse und birgt für die Zukunft weitere erhebliche Finanzierungsrisiken. Für viele Branchen und Unternehmen kann dies Subventionskürzungen sowie offene oder versteckte Steuer- und Abgabenerhöhungen bedeuten. Für manche Unternehmen wird es in den kommenden Jahren sogar um die Frage der Tragfähigkeit ihres ganzen Geschäftsmodells gehen, falls bestimmte Fördermittel gestrichen werden (Stichworte: z. B. Rücknahme des Heizungsgesetzes oder Senkung der Forschungsförderung).

Daher ist es für Unternehmen und Verbände gleich welcher Branche unerlässlich, die eigenen Anliegen nicht nur vorzutragen, sondern auch mit Blick auf die je nach Politikfeld sehr unterschiedlichen Frontlinien innerhalb der Koalition mit passenden Argumenten zu unterstützen und anschlussfähig zu machen – wenn man nicht zum Verlierer der anstehenden Sparprogramme werden will. Wer klug plant und rechtzeitig politisch aktiv wird, hat bessere Chancen die eigenen Anliegen durchzusetzen und die anstehende Rosskur heil zu überstehen.

ALP unterstützt Sie gerne mit passenden Stakeholder-Analysen, politischen Strategiekonzepten und engen Kontakten zu den Entscheidern in den Fraktionen und Parteien. Bei Interesse an einem entsprechenden Angebot oder weiteren Fragen zu unseren Leistungen, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren!

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